Das Chance-Risiko-Verhältnis (CRV) richtig verstehen (Teil 1)
Welches ist das profitabelste System?
Wer die Frage nach der Profitabilität von Handelssystemen stellt, könnte zu dem Schluss kommen, dass diejenige Systeme oder Strategien am erfolgreichsten seien, bei denen die größten Gewinne zu verzeichnen sind. Für den Laienverstand scheint dies auch einleuchtend. Trader sollten versuchen, die großen Bewegungen am Markt zu traden. Es sind die Moves, die man meist hinterher auf einem Chart beobachtet und sich dann wundert, weshalb man sie nicht hatte antizipieren können. Jeder Trader kennt dieses mulmige Gefühl, wenn er in einer ruhigen Stunde die Charts der vergangene Woche studiert.
Viele setzen auf Trends
Die Folge ist dann leider oft, dass sich Trader für diejenige Systeme oder Strategien entscheiden, die ihnen die größten Gewinner versprechen. Dies erklärt die Beliebtheit von Ausbruchs-Strategien, Trend Following und auch das Traden mit Trendfortsetzungsformationen wie Flaggen, Wimpel, Dreiecke, usw. Diese Muster scheinen eben den größtmöglichen Gewinn zu versprechen; ergo, der Trader erhofft sich von ihnen eine dauerhafte Profitabilität.
Gewinne in der Realität oft viel kleiner
Die Trading-Realität sieht aber etwas prosaischer aus. Anstatt dass der Trader nun tatsächlich immer wieder bei den großen Bewegungen am Markt dabei ist, muss er feststellen, dass diese oft ausbleiben. Oder die eigenommene Position wird erst durch eine gegenläufige Bewegung ausgestoppt, bis schließlich der erhoffte Ausbruch kommt. Die Frustration ist dann natürlich umso größer, wenn der Trader den Move zwar richtig antizipiert hat, er dann aber zusehen muss, wie der Zug ohne ihn abfährt.
Was gut aussieht, muss es nicht zwingend sein
Wer schon länger mit den inneren Mechanismen des Trading-Geschäftes vertraut ist, wird vielleicht erkennen, dass der Denkfehler gleich am Anfang dieser Überlegungen gemacht wurde. Es ist nämlich gar nicht so sicher, dass Trading-Systeme, die auf hohe Gewinne setzen, auch den besten Profitfaktor garantieren werden. Was für den Laien und den unerfahrener Trader wie selbstverständlich klingt, ist es für den versierten Trader keineswegs.
Das CRV richtig verstehen und umsetzen
Erfahrene Trader wissen, dass erfolgreiches Trading viel mit einem richtigen Verständnis von Chance und Risiko zu tun hat. Zwar verspricht das Setzen auf Trends attraktive CRVs (Chance-Risiko-Verhältnisse), oft höher als 1:3. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Kursziel tatsächlich erreicht wird, ist aber bei diesen Strategien längst nicht gegeben. Ganz im Gegenteil. Die potentiellen CRVs sehen zwar äußerst attraktiv aus, sie bleiben leider meist gegenüber den tatsächlich erreichten CRVs zurück (nach Abschluss des Trades). Entweder wurde der Trade zu früh ausgestoppt oder die erwartete Bewegung fand erst gar nicht statt.
Hohe CRVs werden seltener erreicht als kleine CRVs
Der gutgemeinte Rat „handle nur Trades, die ein hohes CRV versprechen“ könnte sich demnach als Trugschluss erweisen. Denn wenn der Trader in der Praxis nur in der Lage ist, lediglich einen Bruchteil der potentiellen Chancen zu verwerten, dann helfen ihm die hohen CRVs überhaupt nicht. Die Erfahrung zeigt eben, dass das Erreichen größerer Kursziele eben unwahrscheinlicher ist als das Erreichen kleinerer Kursziele. Anders gesagt je höher das anvisierte CRV, desto unwahrscheinlicher ist es, dass das Kursziel auch erreicht wird.
In einem zweiten Artikel betrachten wir ein System, das mit niedrigen CRVs arbeitet.