Obwohl es schon 2 Jahre her ist, dass ich das Buch gelesen habe, hat es nichts an Bedeutung verloren. Ganz im Gegenteil. Man sollte sich den Inhalt von Zeit zu Zeit immer wieder ins Gedächtnis rufen. Denn das Verständnis und Bewusstsein für Trading-Psychologie ist letztlich wichtiger als jede Strategie.
Es ist unmöglich, in einem kurzen Artikel alle Details zu erzählen. Daher begrenze ich mich auf die wesentlich Dinge. Wenn dir das Review gefällt, solltest du unbedingt auch das ganze Buch lesen – es lohnt sich!
Vorwort
Es geht los mit einer kurzen, prägnanten Einleitung, die Lust aufs Lesen des Buchs macht. Der Autor glaubt, dass Trading zu 100% Psychologie ist. Und da Menschen in bestimmten Situationen ähnlich reagieren, haben fast alle auch die gleichen Probleme im Trading.
Die Folge: Trader scheitern an sich selbst, an der Umsetzung ihrer Strategie. Ein häufiger Grund ist, dass sie Angst vor Verlusten haben, statt sie wie Profis zu akzeptieren.
Aber das Vorwort macht auch Mut: Norman Welz glaubt daran, dass sich diese Probleme überwinden lassen. Auch, wenn das keine leichte Aufgabe ist.
“Trading ist Leben und gerade deshalb so schwer, verlockend und spannend zugleich.” [1, S. 12]
Kapitel 1: Die Basis
Der Autor steigt mit einem Vergleich seines Tradings zu Angstpatienten ein, mit denen er gearbeitet hat. Er beschreibt die erstaunliche Parallele, dass er anfangs vor allem deswegen nicht erfolgreich war, weil er Angst hatte. Angst, zu verlieren.
Norman Welz erklärt, dass unser Gehirn das geeignete Denken fürs Trading erst erlernen muss, bis es zur unbewussten Kompetenz wird. Im Anschluss stellt er die These auf, dass mancher Trader, der keinen Erfolg hat, unterbewusst gar keinen Erfolg haben will. Man muss es schaffen, die unerschütterliche Überzeugung zu erlangen, alle Trades wie geplant umzusetzen. Eine große Hilfe kann hier, wie im Spitzensport, ein Trainer oder Coach sein.
“Warum lassen Sie es sich eigentlich von sich selbst gefallen, so erfolglos im Trading zu bleiben?” [1, S. 34]
Kapitel 2: Trader-Ängste
Der größte Feind des Traders ist die Angst – so die Headline des Kapitels. Und damit sind wir schon beim Thema. Angst verhindert unseren Erfolg, weil sie ungünstige Gedanken und Reaktionen auslöst. Nicht nur im Trading, sondern generell. Das Kapitel nennt eine ganze Reihe an Ängsten und den zugrundeliegenden Auslöser. So ist zum Beispiel auch Gier letztlich eine Angst – Angst, zu wenig zu bekommen, wenn man viel will.
Grundsätzlich kann Angst sinnvoll sein, aber im Trading führt sie oft zum Fehlalarm. Gerade dann, wenn wir unserem Risiko- und Positionsmanagement folgen, müssen wir rational keine Angst vor Verlusten haben. Was die Angst entscheidend verursacht ist, wenn wir beim Trading keine innere Sicherheit spüren.
Aus einzelnen Trading-Verlusten kann sich aus “Ich habe verloren” der Gedanke “Ich bin ein Verlierer” entwickeln, bis hin zu “Ich bin wertlos”. Norman Welz erklärt, dass dieses Denken verheerend ist, da es sich auf unsere Person bzw. uns als Mensch bezieht. Auf dieser Grundlage ist erfolgreiches Trading praktisch unmöglich.
Eine Lösung ist es, den Gedanken positiv umzuformulieren: “Ich bin gut so, wie ich bin, und gehe meinen eigenen Weg weiter, egal was andere denken.” Diese Überzeugung muss man entwickeln, indem man sie sich immer und immer wieder ins Gedächtnis ruft.
Kapitel 3: Wissen ist Macht
Dieses lange Kapitel stellt den Kerninhalt des Buchs dar und ist die Grundlage für alle Lösungsansätze.
Viel zu wissen muss nicht heißen, ein guter Trader zu sein. Man muss das Richtige wissen – und tun, immer wieder. Norman Welz schlägt ein Experiment vor, einfach mal eine zeitlang völlig ohne Informationen und Einflüsse anderer zu traden, um herauszufinden, was wirklich zählt: Nämlich das, was wir selbst denken und glauben. Unsere eigenen Ziele und Ideen sowie unser eigener Stil, der uns erfolgreich werden lässt. Ein Original zu sein statt eine billige Kopie, die ohnehin nicht funktioniert. Statt sich mit anderen zu vergleichen, sollten wir anstreben, dass andere sich mit uns vergleichen. So schaffen wir es, uns selbst zu vertrauen und eine eigene Trading-Welt zu erschaffen, was langfristig sehr erfüllend sein kann.
“Wir sehen die Welt nicht, wie sie ist, sondern wie wir sind.” [1, S. 54]
Um unsere Trading-Ziele zu erreichen, müssen wir herausfinden, was falsch läuft. Und das geht mittels eines Trading-Tagebuchs, das akribisch geführt werden muss – vor allem dann, wenn wir einen schlechten Tag und “keine Lust” haben. Denn nur wenn wir herausfinden, was wirklich der tieferliegende Grund für unser ungünstiges Verhalten ist, können wir dafür auch eine Lösung finden. Und eine Lösung brauchen wir vor allem für unsere unbewussten Angstauslöser.
Als Trader müssen wir endlich akzeptieren, dass es das perfekte System nicht gibt. Wer das schafft, dem fällt eine schwere Last von seinen Schultern. Die Last, stets Recht haben zu müssen. Wir sind nicht unsere Trades, wir managen sie nur. So können wir uns auf das konzentrieren, was zählt: Konsequent das Richtige zu tun. Am einfachsten gelingt das mit einfachen Strategien, bei denen man nicht viel denken muss und bei denen das “Interpretieren” des Kursverlaufs wegfällt. Strategien, die einfach deswegen richtig sind, weil sie zu unserer Persönlichkeit passen.
Wichtig ist auch, die nötige Geduld zu haben, auf echte Signale warten zu können. Das lässt sich zum Beispiel üben, indem man einfach lange Zeit einen 1-Minuten-Chart anschaut, aber nicht handelt – eine super Übung für unser Gehirn, die nötige Gleichgültigkeit zu entwickeln, die man als Trader braucht. Wer Geduld hat, nur die besten Signale handelt und klein tradet, kann Sicherheit im Trading erlangen – und damit dauerhafte Stabilität.
Niemand zwingt uns, erfolglos zu sein. Wer diszipliniert ist, strukturiert sein Ziel verfolgt und durchhält, kann es schaffen. Es schaffen, Ängste zu überwinden, Verluste zu akzeptieren und sich selbst zu vertrauen.
“Was wir am nötigsten brauchen, ist ein Mensch, der uns zwingt, das zu tun, was wir können.” (Ralph Waldo Emerson) [1, S. 108]
Kapitel 4: Grundwissen Behavioral Finance
Wir alle unterliegen bestimmten Verhaltenseffekten. Die einen mehr, die anderen weniger. Wir müssen verstehen, dass jeder von uns dadurch beeinflusst wird und unser Trading dann so gestalten, wie wir es emotional am besten aushalten können.
Ein häufiges Problem dabei ist, dass unser Verstand uns glauben macht, dass wir die Kurse vorhersagen können. Es ist die “Lösung” unseres Verstands, um Unsicherheit zu beseitigen. Denn genau das ist seine Aufgabe: Er ist dazu da, Probleme zu lösen. Diese Vorhersagen haben aber nichts mit der Realität zu tun. Denn die Unsicherheit bleibt bestehen, da wir die Kurse nicht beeinflussen können, egal wie sehr wir es versuchen.
Profis warten daher auf ihre objektiven Signale, handeln mit kleinem Risiko und stellen darüber hinaus keine Vermutungen an. Indem sie diesen Prozess immer und immer wieder diszipliniert umgesetzt haben, konnten sie in ihrem Gehirn eine “Datenautobahn” errichten, die es ihnen leicht macht, das Richtige zu tun. Daher geht es anfangs beim Trading vorrangig darum, Sicherheit bei der Umsetzung eines Systems zu erlangen statt Geld zu verdienen.
Ein guter Trick kann es sein, sich vorzustellen, wie ein von uns geschätzter, erfahrener Trader in einer bestimmten Situation an unserer Stelle handeln würde. Dann finden wir schnell heraus, was die richtige Reaktion ist. Unterstützend fürs Trading können auch Fotos oder Motive sein, die am Trading Desk sichtbar sind und die Gelassenheit und Zufriedenheit ausstrahlen. Auch können wir versuchen, besonders gute Fähigkeiten aus anderen Lebensbereichen, in denen wir erfolgreich sind, aufs Trading zu übertragen, um disziplinierter zu werden.
Kapitel 5: Wir traden, was wir glauben
Unser Verhalten wird vor allem von unseren Emotionen bestimmt, da diese viel stärker wiegen als rationale Argumente. Das wirkt sich darauf aus, welche Gewohnheiten wir im Lauf der Zeit entwickeln, indem wir bestimmte Dinge immer und immer wieder tun.
Um etwas nachhaltig zu ändern, brauchen wir daher eine starke Motivation, die uns antreibt. Denn neue Gewohnheiten stabilisieren sich erst im Lauf der Zeit. Anfangs muss dafür noch viel mentale Energie zur Umsetzung aufgewandt werden. Was dabei hilft, sind feste Routinen, strikte Kontrollmechanismen bzw. Checklisten und ein persönlicher Coach.
Kapitel 6: Trading & Stress
Die meisten Menschen streben nach Sicherheit und fühlen sich wohl, wenn sie ein Gefühl der Kontrolle über eine Situation haben. Im Trading ist genau das aber nicht gegeben, da immer Unsicherheit vorherrscht. Viele Trading-Einsteiger verstärken ihre Unsicherheit unnötig, indem sie sich immer wieder neu in einen Chartverlauf vertiefen, Situationen uminterpretieren und neue Informationen suchen, was das Gefühl des Kontrollverlusts verringern soll – aber letztlich verstärkt es sich genau dadurch.
Eine zielführende Frage, um sich positiv zu verändern, ist, wie man sich beim Trading wirklich fühlen möchte – und was getan werden muss, um das zu erreichen. Diese Dinge müssen präzise in den Handelsplan eingearbeitet werden, damit klar ist, wann was wo wie zu tun ist. Außerdem ist es hilfreich, einen Ablaufplan für alle Eventualitäten vorzubereiten, um sich sicher zu fühlen, in jeder Situation adäquat reagieren zu können. All diese Dinge zusammen können ein inneres Gefühl der Sicherheit schaffen und Stress vermeiden.
Außerdem ist es entscheidend, den Drang zum Perfektionismus abzulegen. Denn das ist eines der Dinge, die im Trading unmöglich erreicht werden können.
“Was erfolgreiche von erfolglosen Tradern unterscheidet, ist ihr Ehrgeiz. Wenn Sie an sich glauben, dann schaffen Sie das scheinbar Unmögliche.” [1, S. 222]
Kapitel 7: Das Selbsthilfe-Programm für Trader
Um herauszufinden, ob man es im Trading schaffen kann, hilft nur eines: Es auszuprobieren. Viele analysieren über Jahre und geben sich der Illusion hin, es irgendwann mal ernsthaft anzugehen. Das ging mir genauso. Aber es hilft nichts, man muss echte Erfahrungen mit echtem Geld sammeln.
Norman Welz sieht den Prozess, Trading zu lernen, als Selbstcoaching-Programm. Man muss bereit sein, dauerhaft an sich zu arbeiten. Dabei stellen innere Bilder und Visualisierungen eine große Hilfe dar, sich in die richtige Richtung zu entwickeln – denn das Gehirn kann nicht zwischen Einbildung und Realität unterscheiden. Wenn man denkt, dass etwas hilft, dann hilft es auch, wie bei einem Placebo.
Als wirkungsvollstes Mittel nennt der Autor Hypnose, um Ängste zu kontrollieren und Selbstvertrauen sowie Entscheidungskraft zu stärken. Das ist möglich, da die Hypnose einen tiefenentspannten Zustand erzeugt. Im Buch beschreibt Norman Welz Möglichkeiten zur Selbsthypnose mittels positiver Suggestionen, was nach etwas Üben auch mehrmals am Tag und unterwegs durchgeführt werden kann und deutlich wirkungsvoller als einfache Visualisierungen ist.
“Unser Denken bestimmt unsere Handlungen, unsere Lebensgeschichte.” [1, S. 227]
Kapitel 8: Denken hilft – manchmal
Trader sind Meister darin, sich selbst niederzumachen, wenn es nicht läuft wie geplant. Meist ist diese Perspektive aber übertrieben negativ. Jeder benötigt seine eigene Zeit, um voranzukommen. Um neue Verhaltensweisen zu entwickeln und alte abzulegen, muss man gegen enorme innere Widerstände ankämpfen. Das ist vergleichbar mit Entzugserscheinungen bei einer Sucht. Denken hilft in diesem Fall nichts – was hilft, ist immer wieder das Richtige zu tun und so die neue, gewünschte Verhaltensweise zu festigen.
Es ist emotional viel schwieriger, an seinen Schwächen zu arbeiten, als seine Stärken zu entwickeln. Und als Trader haben wir die Wahl: Niemand zwingt uns, etwas zu tun, also können wir unser Trading genau so gestalten, dass es unseren Stärken und Talenten sowie unserer Persönlichkeit entspricht – es so zu gestalten, dass wir uns wohl fühlen. Die Lösungen für unsere Trading-Probleme liegen also in uns. Wir müssen sie nur entdecken.
“Wer ankommen will, der findet einen Weg!” [1, S. 242]
Kapitel 9: Jetzt ist Schluss
Das letzte Kapitel umfasst nur 2 Seiten, aber es sind 2 sehr gute.
Man kann im Leben nicht bleiben, wie man ist. Es gibt andauernd Veränderung. Allein unser Körper erneuert sich über einige Jahre fast vollständig. Auch die Märkte verändern sich immer wieder, und als Trader muss man sich darauf anpassen. Denn es ist einer der Hauptgründe des Scheiterns im Trading, wenn man nicht bereit ist, an sich zu arbeiten und notwendige Dinge zu verändern.
Profis haben gelernt, in was auch immer für einem Marktumfeld nach guten Chancen mit kleinem Risiko zu suchen und konsequent das strategisch Richtige zu tun. Amateure dagegen suchen nach einem “sicheren” System – aber genau das kann es nicht geben, wenn sich die Märkte immer wieder verändern.
Das Buch schließt mit einer positiven Note. Zum einen mit dem Hinweis, dass sich nichts ändert, wenn man sich nicht selbst ändert. Und zum anderen, dass man im Leben mit allem rechnen muss – auch mit dem Guten!
“Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen ist, sie zu gestalten.” (Willy Brandt) [1, S. 243]
Kurz auf den Punkt gebracht das Fazit: Absolut lesenswert! Ein Muss im Bücherregal eines jeden (angehenden) Traders. Ein Buch, an dessen Inhalt ich mich regelmäßig neu erinnern möchte, weil es wirklich hilft und motiviert. Absolut verdient daher auch die Amazon-Bewertung mit 4,5 Sternen bei momentan 67 Reviews.
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Quellen:
[1] Welz, N. (2012), Trading Psychologie, So denken und handeln die Profis, FinanzBuch Verlag.