Warum mentale Stopps im Trading sinnvoll sind

Heute haben wir ein heikles Thema. Es geht um die Frage, wie man am besten aus einem Trade aussteigt. Während sich viele Trader auf die Perfektion des Einstiegs fokussieren, ist der Ausstieg das eigentlich Entscheidende. Und es ist komplizierter, als man denkt.

Zum Thema Stopps beim Ausstieg wird immer wieder kontrovers diskutiert. Zum einen sichern uns Stopps ab, falls der Kurs in die falsche Richtung läuft. Andererseits führen sie immer auch dazu, dass man an einem ziemlich ungünstigen Punkt aus dem Trade aussteigt. Nicht selten dreht der Kurs nämlich nach dem Ausstoppen zumindest kurzzeitig wieder in die richtige Richtung.

Grundsätzlich gibt es 3 Möglichkeiten, wie man vorgehen kann:

kein Stopp. Man lässt man den Trade bewusst einfach laufen.

mentaler Stopp: Es wird eine Kursschwelle festgelegt, bei deren Erreichen dem Trader signalisiert wird, dass er aussteigen sollte. Statt aber sofort auszusteigen, wartet er auf einen besseren Ausstiegskurs.

fester Stopp: Es wird eine Kursschwelle festgelegt, bei deren Erreichen der Trade automatisch sofort beendet wird.

Was ist nun die beste Lösung? Wie immer muss die Antwort lauten: “Es kommt darauf an”. Der entscheidende Punkt ist, wie das Verhältnis von Chance zu Risiko für deinen individuellen Handelsstil aussieht. Je nach Stil und verwendeten Finanzinstrumenten kann jede der drei Varianten Sinn machen:

● Trading ohne Stopp ist denkbar, wenn sehr klein getradet wird und man aufgrund der Struktur des verwendeten Produkts nach unten hin abgesichert ist. Das ist zum Beispiel bei bestimmten Optionsstrukturen der Fall, bei denen man maximal die eingesetzte Prämie verlieren kann. Ebenso bei Knock-Out-Produkten, die ab einer bestimmten Kursschwelle automatisch verfallen und darüber hinaus keine weiteren Verluste zulassen. Beim Handel mit CFDs oder Futures ist Trading ohne Stopp dagegen gefährlich. Zwar kann man auch hier versuchen, relativ zur Kontogröße sehr klein zu traden – aber selbst dann muss irgendwann die Reißleine gezogen werden, sollte es extreme Gegenbewegungen geben. Und genau das kann schwierig werden, wenn man nicht von Anfang an einen Ausstiegspunkt vorgesehen hat.

● Trading mit mentalem Stopp ist sinnvoll, wenn CFDs oder Futures gehandelt werden und man aus Risikomanagement-Gesichtspunkten eine Absicherung braucht - aber gleichzeitig der Erwartungswert des mentalen Stopps positiv ist. Das bedeutet, dass man anhand der Auswertungen der Trades sieht, dass diese Taktik einen deutlichen Vorteil bringt. Das kann daran liegen, dass auf erhöhte Volatilität (die den Stopp auslöst) meist eine ruhigere Phase mit Mean Reversion folgt. Da mentale Stopps aber dennoch riskant sind, verwende ich eine besondere Taktik, auf die wir gleich noch genauer eingehen.

● Trading mit festem Stopp ist sinnvoll, wenn CFDs oder Futures gehandelt werden und man sich so gut es geht gegen das Kursrisiko absichern möchte. In bestimmten Marktphasen, in denen die Kurse “auf der Kippe” stehen, kann ein strategisch sinnvoll platzierter Stopp eine hervorragende Absicherung sein. Gerade in technisch angeschlagenen Märkten sollte niemals unterschätzt werden, wie schnell es weit nach unten gehen kann.

In der Betrachtung von Chance zu Risiko sind mentale Stopps oft eine gute Lösung. Ich sage bewusst “oft”, denn an der Börse ist nie irgendetwas “immer” das Beste. Um herauszufinden, ob mentale Stopps ein Vorteil sind, hilft meist nur eine manuelle Rückrechnung anhand vieler durchgeführter Trades sowie im aktiven Trading das parallele Mitschreiben des mentalen Stopps, um Erfahrungen zu sammeln.

Trotz allem Taktieren sind mentale Stopps riskant. Aber wie immer im Trading gibt es für jedes Risiko auch eine entsprechende Chance. Wichtig ist, dass das Risiko kalkuliert eingegangen wird. Deshalb verwende ich eine besondere Taktik beim Absichern von Buchgewinnen, während ich beim Einstieg nur feste Stopps nutze.

Die Idee: Eine Kombination von festen und mentalen Stopps. Häufig passiert ein unnötiges Ausstoppen, weil der Kurs ein wichtiges Level kurz testet und dann zumindest kurzzeitig wieder dreht. Daher platziere ich an diesen Marken nur einen mentalen Stopp und für den Worst Case einen festen Stopp weiter entfernt.

Wird der mentale Stopp erreicht, signalisiert das erste Schwäche. Nun sollte an das Realisieren der Buchgewinne gedacht, aber gleichzeitig die Chance auf eine zufällige Gegenbewegung genutzt werden. Daher setze ich ein moderates Kursziel, sobald der menale Stopp erreicht wird, um noch zu einem guten Kurs aus dem Trade zu kommen. Man nutzt sozusagen die Zufallsbewegungen des Marktes aus, um den Ausstieg zu optimieren.

Der feste Stopp wird dort platziert, wo die Trade-Idee kaputt wäre. Natürlich kann es sein, dass auch dieses Level nur abgefischt wurde, aber das ist ziemlich unwahrscheinlich. In den meisten Fällen sichert der feste Stopp genau das ab, was er soll: Plötzliche, extreme Bewegungen in die falsche Richtung.

Mentale Stopps lassen sich auch gut mit Zeitstopps kombinieren. Zum Beispiel kann dem Trade eine Zeitspanne von 3 Tagen gegeben werden, um sich deutlich in die erwartete Richtung zu entwickeln. Passiert das nicht und wurde zwischenzeitlich auch der mentale Stopp erreicht, kann ein moderates Kursziel gesetzt werden, um den Trade am Break Even inklusive Gebühren glattzustellen.

Neben Stopps gibt es auch andere flexible Absicherungen. Zum Beispiel kann es Sinn machen, in Zeiten sehr niedriger Volatilität (meist bei ruhigem Kursverlauf auf hohem Niveau) Put-Optionen zu kaufen. Aufgrund der niedrigen Vola sind die Prämien dann vergleichsweise niedrig, sodass diese “Versicherung” im Fall, dass es nicht abwärts geht, recht günstig ist. Geht es aber nach unten, steigt der Put-Preis zusätzlich durch die dann höhere Volatilität.

 
Marko Momentum