Was an dieser Stelle helfen kann, ist die Parallele zum Sport. Denn als Sportler weißt du, dass Rücksetzer normalerweise nur temporär sind. Du weißt, dass du negative Gedanken wieder durch positive Erinnerungen oder bereits erreichte Ziele verdrängen kannst, bevor sie sich mental verfestigen und zu einer Abwärtsspirale führen. Und du weißt, dass sich die meisten Probleme von ganz allein in Luft auflösen, wenn du deinem Trainingskonzept treu bleibst und unbeirrt weitermachst. Du weißt, dass du lernen musst, durchzuhalten.
Genau das gleiche gilt an der Börse. Es gibt keine Handelsstrategie, die immer funktioniert. Früher oder später wirst du auf jeden Fall einen Drawdown haben, in dem plötzlich nichts mehr klappt wie geplant. Einen Drawdown, in dem du arbeitest und dennoch immer wieder Geld verlierst. Entscheidend ist aber, wie du mit dieser Situation umgehst:
● Lässt du dich verunsichern, änderst deine Handelsregeln, und hoffst auf eine schnelle Erholung?
● Oder bleibst du deiner Strategie treu, vertraust auf das bewährte Konzept, und wartest geduldig ab, bis es wieder aufwärts geht?
Viele Trader entscheiden sich in einem Drawdown für Variante 1. Und machen damit einen großen Fehler.
Wenn du im Drawdown die Regeln veränderst, dann änderst du deine gesamte Strategie. Erstens ist fraglich, ob die Anpassung kurzfristig überhaupt etwas bringt. Die Chancen stehen mehr oder weniger bei 50:50. Das heißt, es kann dadurch auch noch schlimmer werden.
Das größere Problem aber ist das Chaos, was du verursachst. Deine bisherige Strategie hatte sicherlich Hand und Fuß, wenn du sie die ganze Zeit genutzt hast. Wenn du jetzt die Regeln anpasst, wirst du es in Zukunft jedes Mal tun, wenn es wieder einen Drawdown gibt. Das bedeutet, dass du nie einen verlässlichen Handelsansatz entwickeln kannst, dem du vertraust und durch Dick und Dünn folgst.
Meist gehen die Drawdowns am glimpflichsten aus, wenn du einfach die Linie hältst. Ein gutes Beispiel sind klassische Trendfolge-Strategien. Über viele Jahre haben sie hervorragende Renditen gebracht, und dann kam ein Drawdown. Plötzlich wollte niemand mehr etwas davon wissen. Die Medien fragten sich, wie eine so simple Strategie überhaupt funktionieren konnte. Und die Leute wechselten zu anderen Strategien.
Sogar Paul Tudor Jones höchstpersönlich musste genau deswegen einen erfolgreichen (!) Fonds schließen. [1] Die meisten Investoren waren eingestiegen, nachdem es jahrelang gut funktioniert hatte und sie Vertrauen in den Ansatz gefunden hatten. Doch dann, im Drawdown, interessierte keinen mehr das eigene Geschätz von gestern.
Oben rein, unten raus. Tja, und dann funktionierte Trendfolge plötzlich wieder, nur waren eben die meisten Leute nicht mehr dabei.
Dieses kleine Beispiel soll dir zeigen, dass du genau diesen Fehler nicht machen solltest. Nicht umsonst sagen viele professionelle Trader in Interviews – das weiß ich aus erster Hand -, dass man seine Strategie durchziehen muss.
Klar, man kann in Drawowns das Risiko verringern. Aber die Regeln zu ändern wäre ein massiver Eingriff. In etwa so, als würdest du im Marathon bei Kilometer 35 feststellen, dass du die ganze Zeit im falschen Rhythmus gelaufen bist, es dir deswegen schlecht geht und du die Taktik ändern solltest. In Wirklichkeit ist ein Tief aber ganz normal und eher ein Zeichen, dass du dem Ziel nahe bist.
Das führt uns zum letzten, entscheidenden Punkt: Interpretiere den Drawdown zu deinem Vorteil. Wie im Marathon bei Kilometer 35. Nicht nur du, sondern alle anderen fühlen sich besch*****. Darauf gebe ich dir Brief und Siegel. Doch du kannst derjenige sein, der diese körperliche Schwäche in mentale Stärke umwandelt und fest daran glaubt, dass er gut trainiert hat, eine saubere Technik läuft und die Renntaktik im Griff hat, um das Ding sauber ins Ziel zu bringen.
Und genauso im Trading: Jeder hat Drawdowns, und alle hassen sie. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass du damit umgehen musst, also mach das Beste daraus. Mach dir bewusst, dass jeder Profi immer wieder ebenso damit klarkommen muss, was ihn letztlich als Profi qualifiziert. Dass es einfach dazugehört, auch mal einstecken zu müssen.
Und dass das Ganze nichts als ein Test ist, ob du gut genug bist, am Markt zu bestehen. So kannst du es schaffen, durch den Drawdown hindurchzuhandeln und am Ende sogar gestärkt daraus hervorzugehen.
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Quellen:
[1] Attain Capital (2014), What A Hedge Fund Failure Looks Like, Zugriff am 25.02.2015,