Einleitung
Viele Trader, besonders Anfänger, sind auf der Suche nach der passenden Tradingstrategie. Bei der Informationsbeschaffung und Recherche, stößt man hier früher oder später auf Systeme welche dem interessierten Anleger zum Kauf angeboten werden und die dem Käufer unendlichen Reichtum auf Knopfdruck suggerieren. Meistens wird hier nach dem Kauf durch das aktive Handeln eines solchen Systems nicht nur der Kaufpreis für ein solches System verloren, sondern auch noch zusätzliches Geld durch Verluste verloren. Der Grund für diese Verluste liegt oftmals darin, dass die angebotenen Systeme die zugrunde liegenden Regeln nicht offen legen und die Kunden mit dem System alleine lassen, so dass dieser keine Chance hat, aus der Systematik einen eigenen zu ihm passenden Tradingstil zu entwickeln. Seinen eigenen Tradingstil zu finden, ist jedoch absolut notwendig um langfristig als Trader erfolgreich sein zu können. Deshalb ist es meist der bessere Weg ein eigenes Handelssystem zu entwickeln. Aber hier stellt sich die Frage, wie man das anfängt und wo man passende Informationen dazu findet. Dieser Artikel hat das Ziel diese Frage zu beantworten und anhand eines konkreten Beispiels als eine Art Checkliste die Arbeitsabläufe genau zu beschreiben. Als Beispiel dient uns das WHS RangeLeader System und als Entwicklungssoftware die WHS FutureStation. Dort ist der RangeLeader eines von 30 Standardsystemen die mit jeder Installation automatisch mitgeliefert wird. Fangen wir also an…
Festlegung der Rahmenbedingungen für das Handelssystem
Die RangeLeader Strategie ist eine ältere Strategie, die von Charlie F. Wright als Daytrading Strategie für amerikanische Aktien in den 90er Jahren entwickelt wurde. Wir möchten mal ausprobieren, ob sich diese Strategie auf einem 30 Minuten Chart innerhalb der amerikanischen Handelszeit von 15.30 bis 21.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit auf den Dax Future bzw. den Dax Cash CFD gewinnbringend umsetzen lässt, da in dieser Zeit der Handel auch für viele Trader, die tagsüber noch einem Beruf nachgehen, gehandelt werden kann. Die Strategie wird als reines Daytrading System in einem 30 Minuten Chart umgesetzt. Eine um 21.30 Uhr eventuell noch offene Position wird also spätestens zu diesem Zeitpunkt egal zu welchem Preis glattgestellt. Diese Vorgehensweise stellt sicher, dass hier keine Positionen „über Nacht“ gehalten werden. Dies hat 2 Vorteile: 1. Weniger Margin, einige Broker berechnen für reine Intraday Positionen nur 50% der Sicherheitsleistung. 2. Das Risiko wird durch einen festen Investitionszeitpunkt wesentlich reduziert.
Definition des Einstiegs
Der RangeLeader hat eine sehr einfache Regel zum Einstieg in einen Trade. Einfache Regelwerke haben den Vorteil, dass man ihnen leichter folgen kann und dadurch wirklich versteht, was im Einzelnen bei den eingegangenen Trades passiert. Dies ist ein sehr wichtiger Aspekt bei der Systementwicklung und sollte unbedingt als wichtigster Grundsatz beachtet werden: Halten Sie das Regelwerk des Systems so einfach wie möglich.
Der Einstieg besteht aus zwei Regeln, die jeweils zum Schlusskurs einer Periode geprüft werden:
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Ist die aktuelle Kerze im Chart größer als die vorhergehende Kerze, heißt konkret: Ist die Differenz zwischen dem Hoch und Tief der aktuellen Kerze größer im Vergleich zu der Kerze eine Periode davor?
Diese Regel misst lediglich, ob die Volatilität in der aktuellen Kerze größer ist, als in der Periode davor. Hier wird also ein Volatilitätsausbruch festgestellt. Es kommt somit wieder mehr Bewegung in den Markt. Das ist aber auch alles was diese Prüfung aussagt, denn die Richtung des Trades wird über eine zweite Regel festgelegt.
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Befindet sich der Mittelpreis der aktuellen Kerze, also (H+L)/2, über dem Hoch der vorherigen Periode wird eine Longposition aufgebaut, umgekehrt befindet sich der Mittelpreis der aktuellen Kerze unter dem Tief der vorherigen Kerze, wird eine Shortposition eingegangen. (siehe Bild).
Der Trade wird jetzt einfach zum Eröffnungskurs der nächsten Periode eröffnet. Das ist auch schon alles! Wenn wir diese Signallogik auf den aktuellen Dax Future Kontrakt ohne Stopps und Profit Ziele anwenden, ergibt sich für den Zeitraum vom 16.05.2011 bis zum 05.11.2012 aus 595 Trades folgende Vermögensverlaufkurve (Equity):
Das sieht natürlich noch nicht wirklich toll aus. Das Problem ist hier, dass obwohl wir den Tradingzeitraum auf die Zeit zwischen 15.30 Uhr und 21.30 Uhr eingeschränkt haben, zu viele Trades erzeugt werden. Da wir pro gehandelten Kontrakt eine Kommission für den Broker von 6,40 Euro einrechnen müssen, haben wir über 3.000 Euro Gebühren die hier negativ zu Buche schlagen. Der nächste Schritt wäre also die Anzahl der Signale sinnvoll zu verringern. Sinnvoll heißt hier, möglichst die Fehlsignale über einen geeigneten Filter rauszufiltern und die „guten“ Signale übrig zu behalten. Eine Möglichkeit wäre mal den guten alten Point und Figure Chart als Filter mit einer Boxgröße von 1,5% und einem Umkehrwert von 3 hinzuzufügen. Die Point und Figure Logik ist deswegen als Filter hervorragend geeignet, da sie uns in dieser Einstellung die vorherrschende Richtung der Kurse vorgibt und nur noch die RangeLeader Signale zulässt, die in dieser Richtung generiert werden. Außerdem gibt es bei dieser Logik weniger Trendwechsel, als wenn normale Indikatoren basierend auf der Periodenlänge des Charts verwendet werden. Das Ergebnis sieht auch gleich viel besser aus:
Risikobegrenzung durch Stopps
Das ist jetzt ein Ergebnis auf dem man aufbauen kann, denn noch haben wir hier keinen Stopp zur Risikobegrenzung hinzugefügt. Dies sollte man jedoch zwingend tun, um nicht durch unvorhergesehene Ereignisse in größere Verluste zu laufen. Hier bietet sich ebenfalls ein volatilitäsabhängiger Stopp an. Das heißt wir setzen den Stopp in Abhängigkeit der Kursschwankungen entsprechend enger wenn der Markt weniger schwankt und weiter weg wenn er höhere Kursschwankungen aufweist. Um das zu erreichen braucht man eine feste Einheit um die Schwankungsbreite messen zu können. Hat man diese Einheit ermittelt, so kann man ein Vielfaches dieser Einheit als Stopp definieren. Eine der bekanntesten Methoden zur Messung der Volatilität ist die sog. Average True Range (ATR). Unsere hier benutzte Software ist glücklicherweise in der Lage Stopps in Höhe des Vielfachen der ATR automatisch zu setzen. Üblich ist hier ein Wert zwischen dem 1,5 und 2 fachen der ATR. Wir fügen jetzt einen Stopp hinzu, welcher als fester Stopp direkt nach dem Einstieg in die Position mit dem 2 Fachen der ATR der letzten 20 Perioden gesetzt wird. Auf diese Weise wird unser Gewinn von 30.709 Euro auf 32.690 Euro erhöht. Dies ist natürlich ideal, weil wir hier durch das Hinzufügen eines Stopps nicht nur unser Risiko weiter begrenzt haben, sondern auch noch im Ergebnis profitabler geworden sind. So könnte ein vollständiges System aussehen. Die Ergebnisse im Einzelnen:
Seit 1,5 Jahren ist dieses System sehr robust und wirft kontinuierlich Gewinne ab. Wie lange das noch so sein wird, kann niemand sagen. Aber gerade der letzte Trade war hier sehr profitabel (siehe Bild):
Wer nicht ganz so kapitalstark ist und den Dax Future nicht handeln kann, der kann mit diesem System auch den Dax Cash CFD oder den EuroStoxx CFD/Future handeln.
Fazit
An diesem Beispiel haben wir gesehen, dass es möglich ist, mit einfachsten Regeln ein geeignetes Handelssystem zu entwerfen und an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Bevor man ein solches System jedoch handelt, sollte man noch einige Wochen die aktuellen Signale beobachten und ganz wichtig, die für den Trader passende Positionsgröße bestimmen um das individuelle Risiko pro Trade zu bestimmen. Denn davon hängt es letztlich ab, ob der Trader nachher in der Praxis in der Lage ist, das System auch in schlechteren Zeiten diszipliniert zu handeln oder nicht.