Im ersten Artikel dieser Reihe haben wir eine Trading-Methode vorgestellt, die auf der Annahme beruht, dass Trader am einfachsten Geld in den Märkten verdienen, wenn es ihnen gelingt, sogenannte „Drehpunkte“ im Markt zu identifizieren. Diese sind in der Regel signifikante Hochs und Tiefs, die sich dann im Nachhinein als die Extrempunkte einer bestimmten Handelsperiode herausstellen.
Bild 1: Bund Future, Stundenchart
Betrachten wir zunächst im Bild 1 eine typische Marktsituation, die die Aufmerksamkeit eines Contrarians auf sich ziehen könnte. Wir sehen im Stundenchart des Bund Futures, dass der Markt zunächst seitwärts gelaufen ist, um dann zwei signifikante Tiefs zu bilden. Diese waren dann die Voraussetzung, damit der Markt nach oben ausbrechen konnte. Dies geschah auf fast explosiver Weise (rechte Seite des Charts). Sie sehen, dass der Bund Future zum Zeitpunkt des Screenshots kräftig anstieg (roter Pfeil).
Es sind nun genau solche Übertreibungen, die die Contrarians auf den Plan rufen. Diese Trader wissen aus Erfahrung, dass extreme Bewegungen – zumal im Bund Future – irgendwann korrigiert werden. Zum Zeitpunkt des Screenshots war ein möglicher Drehpunkt noch nicht auszumachen. Allerdings bildete sich bereits eine sogenannte Umkehrkerze, bei der der mutige Contrarian eine erste kleine Shortposition aufbauen konnte.
Diese erste Schwäche des aktuellen Trends bedeutet noch nicht, dass der Markt das Tageshoch gebildet hat. Wenn Märkte über Stunden explosiv steigen, ist durchaus mit weiteren Zukäufen zu rechnen. Diese werden in der Regel von aktiven Daytradern unterstützt, die dem aktuellen Trend folgen und vom Momentum des Marktes profitieren wollen. Wann sich der Trend abschwächt, ist kaum vorherzusagen, und es ist jederzeit – zumindest kurzfristig – mit weiteren Anstiegen zu rechnen.
Diese bilden dann auch die größte Gefahr für die Contrarians, die Short sind. Sie werden in dem Fall von den Bullen „gegrillt“, wie die Trader es gerne nennen. Deswegen ist eine aktive Stop-Setzung für jeden Contrarian unabdingbar. Er muss seine Verluste begrenzen, wissend, dass er zu jeder Zeit durch die Wucht des Momentums überrannt werden kann. Schon deshalb ist diese Methode keinem Anfänger zu empfehlen. Sie soll nur von demjenigen Trader in Betracht gezogen werden, der solche Marktsituationen wie im Bild 1 einzuschätzen vermag und der auch eine angemessene Positionsgröße zu wählen imstande ist.
Dennoch kommt „jedem gewieften Fuchs“ an den Trading-Märkten das Wasser im Mund, wenn er eine solche „Übertreibung“ im Chart beobachtet. Er weiß aus Erfahrung, dass es nur eine Frage der Zeit ist, wann sich dieser Trend dreht oder zumindest korrigiert wird. Erfahrene Contrarians arbeiten zudem mit multiplen Einstiegen, wissend, dass sie den exakten Drehpunkt selten erwischen werden. Dieser Trader mag eine erste Short-Position einnehmen, wenn er die Situation in Bild 1 vor sich hat. Diese Position wird aber seinem Risikomanagement angepasst sein. Er mag eine zweite Short-Position eingehen, sollte der Markt ein weiteres Hoch bilden und dann erste Anzeichen von Schwäche zeigen. Dann wäre die Position vollständig. Unnötig zu sagen, dass die Stops greifen müssen, sobald sich der Markt anschickt, weitere Hochs zu bilden. Dies würde dem Contrarian unmissverständlich zeigen, dass er mit seiner Einschätzung falsch lag und dass der Augenblick gekommen ist, sich mit einem kleinen Verlust aus dem Staub zu machen.