Die Finanztransaktionssteuer wird erfunden
Es war John Maynard Keynes, der 1936 nach der großen Depression das Thema Finanztransaktionssteuer ins Gespräch brachte. Durch die Steuer, die die kurzfristige Spekulation bändigen würde, so Keynes, würden sich Unternehmen mehr auf nachhaltige Gewinnmaximierung konzentrieren. Die Idee wurde in mehreren Ländern u.A. in Belgien und im Vereinigten Königreich aufgenommen und in unterschiedlichen Varianten angewandt.
Schweden führt die Finanztransaktionssteuer ein
Als Fallbeispiel wollen wir uns den schwedischen Versuch anschauen. Es war Olof Palme, der Ministerpräsident der damaligen sozialdemokratischen Regierung, der die Idee 1984 umsetzte. Palme wollte jährlich umgerechnet 165 Millionen Euro aus der Besteuerung von Finanztransaktionen an der schwedischen Börse einnehmen. Er führte einen Steuersatz von 0,5 % beim Kauf oder Verkauf von Aktien ein, sodaß sich die Besteuerung eines Roundturns auf sage und schreibe 1% belief.
Das Handelsvolumen bricht ein
Die Steuer galt sowohl für Aktien als auch für Aktienoptionen und Futures. Im Juli 1986 wurde der Steuersatz sogar verdoppelt. Die Folgen liessen nicht lange auf sich warten. In 1986 wanderte bereits 60% des Handelsvolumens in den elf größten schwedischen Aktien nach London ab. Dies war immerhin etwa 30% des gesamten schwedischen Handelsvolumens. In 1990 ging das Handelsvolumen sogar um 50% zurück.
Auch auf die festverzinslichen Papiere wurden Steuer erhoben, allerdings mit einem viel moderateren Satz von 0,002 %. Hier waren die Folgen noch gravierender. Ab 1989 sank das Handelsvolumen mit festverzinslichen Wertpapieren gegenüber dem Niveau von 1987 um ca 85%. Der Handel mit Futures und Optionen auf Anleihen verschwand fast komplett.
Die Steuer wird wieder abgeschafft … mangels Erfolg
Die schwedische Notenbank konnte unter diesen Bedingungen kaum noch eine vernünftige geldpolitik betreiben, was zur Folge hatte, dass die Finanztransaktionssteuer 1992 einfach abgeschafft wurde. In den Jahren darauf stieg das Handelsvolumen an der schwedischen Börse wieder und normalisierte sich die Lage. Olof Palme wollte ursprünglich mit der Finanztransaktionssteuer umgerechnet bis zu 165 Millionen Euro einnehmen. Im Schnitt war der Erlös allerdings viel bescheidener. Durch das Einbrechen des Handelsvolumens wurden gerade mal im Schnitt 9 Millionen Euro jährlich eingenommen. Auch dieser „bescheidener Erfolg“ wird wohl mit ein Grund gewesen sein, das Abenteuer Finanztransaktionssteuer wieder zu beenden.
Die Stempelsteuer in London
An der Londoner Börse wurde eine Stempelsteuer auf Transaktionen mit inländischen Aktien von 0,5 % eingeführt, die bis heute Bestand hat. Institutionelle Investoren, die man als Zwischenhändler definiert hat, sind aber nicht betroffen, also auch nicht der Hochfrequenzhandel. Schliesslich will man dem Finanzplatz London nicht zu sehr schaden.
Die CFDs werden geboren
Derivate auf Aktien werden auch nicht besteuert, und nicht zuletzt aus dem Grund ist der Erfolg der Contract for Differences (CFDs) zu erklären. Sie wurden geradezu erfunden um die Stempelsteuer zu umgehen. Hier können sowohl Banken aber auch private Anleger den direkten Aktienkauf vermeiden und können von Kursdifferenzen profitieren. Die Stempelsteuer bringt dem Britischen Staat immerhin 4 Mrd. Euro jährlich ein. Mehr als eine Alibisteuer für die Politik ist sie nicht. Eine Finanztransaktionssteuer hat schliesslich nur Sinn, wenn sie global, also weltweit eingeführt würde. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Politik dieses Kunststückchen gelingt, kann wohl als sehr gering eingeschätzt werden.