Der Bias Blind Spot ist gewissermaßen der „schlimmste“ aller Verhaltenseffekte. Er wird auch als Verzerrungsblindheit, introspektive Illusion oder Bias Bias bezeichnet. Gemeint ist damit eine Selbsttäuschung aufgrund der Annahme, dass verzerrende Verhaltenseffekte zwar existieren, aber nur alle anderen Marktteilnehmer diesen ausgesetzt sind. Man glaubt also, selbst eine Ausnahme zu sein und nicht diesen Effekten zu unterliegen. Genau das ist aber ein Trugschluss.
Entscheidend beim Bias Blind Spot ist also, dass wir unsere eigenen Einschätzungen als objektiv beurteilen und glauben, weniger als andere von verzerrenden Verhaltenseffekten betroffen zu sein. Gleichzeitig sind wir schnell dabei, solche Verhaltenseffekte bei anderen Menschen oder am Markt zu diagnostizieren. Diese Perspektive ist positiv für unser Selbstvertrauen, aber führt genau deshalb zur Blindheit gegenüber verzerrenden Verhaltenseffekten wie etwa der Selbstüberschätzung, die wir dann nicht erkennen.
Eine gesunde Grundannahme ist, dass wir Menschen letztlich alle sehr ähnlich funktionieren, vor allem in Extremsituationen. Und diese treten in Form von Euphorie und Panik an den Märkten immer wieder auf. Zum Teil auch deshalb, weil jeder denkt, er wäre davon nicht betroffen (bevor er während einer Rallye selbst aus Gier kauft und bei einem Crash aus Angst verkauft). Genau aus diesem Grund gibt es die typischen Verhaltenseffekte schließlich – weil eben tatsächlich jeder für sich mehr oder weniger stark davon betroffen ist.
Eine Möglichkeit, sich des Bias Blind Spots bewusst zu werden, ist, sich selbst in bestimmten Situationen gedanklich von außen zu betrachten. Aus dieser Perspektive sehen wir uns selbst eher wie einen Fremden, bei dem plötzlich auch bestimmte Verhaltenseisen erkennbar sind, die wir von innen heraus nicht wahrgenommen hätten.