Die besten Psychologie-Bücher: Uncertainty

Heute beginnt der erste Teil einer Serie, in der ich die besten Bücher vorstelle, die ich gelesen habe. Einige dieser Bücher sind klar abseits des Mainstreams. Denn manchmal bringen gerade exotische Inhalte den größten Vorteil. Ganz besonders Bücher, die scheinbar wenig mit Trading zu tun haben, aber in denen es um die entscheidende Erfolgskomponente geht: Psychologie – dein Denken, deine Wahrnehmung, und vor allem deine Emotionen.

Das Buch beschreibt, wie du besser mit Unsicherheit umgehen kannst und sie sogar zu deinem Vorteil nutzt. Das ist ein klasse Thema, denn Unsicherheit ist der Zustand, in dem wir uns an der Börse permanent befinden. Ohne Unsicherheit (und Risiko) könnten wir auf die Preisbildung an den Märkten verzichten – und auch keine hohen Renditen erzielen. Der Autor, Jonathan Fields, arbeitete früher als Jurist (ein sicherer Job), aber warf dann alles über den Haufen. Er setzte sich enormer Unsicherheit aus und gründete im Jahr 2001 eine Joga-Schule. Jahre später ist er ein Multitalent – Unternehmer, Blogger, Berater, Vortragsredner und Autor.

● Einleitung. Das Buch startet mit den Geschichten von Randy Komisar, Marie Forleo und Erik Proulx. Jeder von ihnen setzte sich in seiner Karriere massiver Unsicherheit aus und hatte letztlich großen Erfolg. Ein entscheidender Faktor für Erfolg als Unternehmer und Kreativer ist es, ein hohes Niveau an Unsicherheit nicht nur dauerhaft aushalten zu können, sondern sie sogar aktiv zu suchen. Denn wirklich herausragende Kreativität ist letztlich stets mit Unsicherheit, Risiko, und Kritik verbunden.

“If only we’d learned how to harness and ride rather than hunt and kill the butterflies that live in the gut of every person who strives to create something extraordinary from nothing.” (Jonathan Fields)

● Kapitel 1: Why Uncertainty Matters. Je sicherer du dir bist bei dem, was du vorhast, desto wahrscheinlicher ist es, dass es bereits jemand anderes gemacht hat; desto gewöhnlicher wird es sein; und desto weniger wird dich und es andere kümmern. Alles, was sicher ist, wurde bereits getan. Um etwas Geniales zu schaffen, musst du dazu stehen. Viele Menschen haben Angst vor der damit verbundenen Kritik und empfinden sie als schmerzhaft, aber in Wirklichkeit ist es – neutral betrachtet – nur Feedback; wichtige Daten, die dir Anhaltspunkte für Verbesserungen geben. Ein super Beispiel für eine Idee, die anfangs müde belächelt und später ein massiver Erfolg wurde, war die Frappucchino-Serie bei Starbucks.

“If you want innovation, it’s critical that people are able to work on ideas that are unapproved and generally thought to be stupid.” (Paul Buchheit)

● Kapitel 2: What Uncertainty Does To Us. Die meisten Menschen meiden Unsicherheit instinktiv. Aus Angst vor Kritik fragen sie sich: “Bin ich gut genug?”. Deshalb werden kreative Vorhaben oft nicht nach außen veröffentlicht, vorzeitig abgebrochen oder – noch schlimmer – überhaupt nicht begonnen. Aber das ist ein Teufelskreis, den du durchbrechen musst. Denn Sicherheit wird es nie geben, wenn du etwas Großes schaffen willst! Unsicherheit lässt sich auch dann nicht ausschalten, wenn du bereits erfolgreich warst. Denn was wirst du morgen tun, wenn du aufstehst?

● Kapitel 3: The Myth Of The Fearless Creator. Erfolgreiche Menschen erscheinen nach außen hin vielleicht furchtlos, aber das sind sie keineswegs. Sie haben lediglich gelernt, Unsicherheit, Angst und Zweifel in schöpferische Kraft zu verwandeln, also “Alchemisten ihrer Angst” zu werden. Und genau das ist es, was sie antreibt.

“When the risks are big, it’s where I feel most alive. … I get so focused. Things slow down. The tiniest of details become alive.” (John Winsor)

● Kapitel 4: Find Your Certainty Anchors. Rituale und Routinen können dir die Angst vor der Unsicherheit nehmen. Sie dienen als Sicherheitsanker, an dem du dich festhalten kannst, und helfen dir, im Lauf der Zeit Momentum aufzubauen und Unsicherheit permanent auszuhalten. Statt also ständig deine Willenskraft zu nutzen, die sehr begrenzt ist, schaffst du dir mithilfe deiner selbstgewählten Routinen einen verlässlichen Prozess, der dein Verhalten Tag für Tag in genau die gewünschte Richtung lenkt. Sogar täglicher Sport kann sich im Lauf der Zeit zu deinem Sicherheitsanker entwickeln, und gleichzeitig hältst du dich damit topfit! Um deine Kreativität zu maximieren, baue zwischen deinen Arbeitszeiten kurze Pausen ein, in denen du das Geschaffte reflektierst und neuen Fokus sowie neue Energie tankst.

“The bad news is you’re falling through the air, nothing to hang on, no parachute. The good news is there’s no ground.” (Chogyam Trungpa Rinpoche)

● Kapitel 5: Build your Hive. Suche Gleichgesinnte, die sich der Unsicherheit stellen, sowie Vorbilder und Helden. Das Ziel ist es, zusammen den gesamten Kuchen zu vergrößern, statt nur die Stücke aufzuteilen – jeder sollte etwas davon haben. Statt einen guten Mentor zu finden, kannst du dir deine Helden selbst suchen und dich an ihnen orientieren, ohne direkten Kontakt haben zu müssen. Auch innerhalb deiner Familie kannst du jede Unterstützung brauchen, das gibt dir Sicherheit und Rückhalt.

“The core skill of innovators is not failure avoidance, it’s error recovery.” (Randy Nelson)

● Kapitel 6: Socializing Creation. Wenn du deine Komfortzone verlässt, Ideen öffentlich machst und dir Feedback bzw. Kritik einholst, wirst du nicht nur schneller vorankommen, bessere Konzepte entwickeln und schneller die Fehler ausmerzen, sondern auch resistenter gegen deine Angst vor Kritik werden. Sogenannte “Lean Startups” nutzen diesen Effekt und konzentrieren sich statt auf Gewinne zunächst voll aufs Lernen, indem sie ausgewählte Gruppen potenzieller Kunden von Anfang an in die Produktentwicklung einbinden. Der klassische Weg mag anfangs angenehmer sein, wenn man im Geheimen entwickelt und sich nicht für Fehler rechtfertigen muss, aber bei Veröffentlichung wird oft gehofft und gebetet, dass das Geschaffene gut ankommt. Im Lean Startup dagegen wird, sollte sich die Idee als nicht tragfähig erweisen, zu einem frühen Zeitpunkt alles nochmal komplett umgeworfen (Pivoting). Zudem musst du bereit sein, nicht das alleinige “Genie” sein zu wollen, sondern dein Ego zurückzustellen und die Arbeit aller angemessen zu würdigen. Doch so wichtig das Konzept der offenen Entwicklung sein mag – lass dir nie komplett von anderen diktieren, wohin die Reise gehen soll, sondern glaube auch an deine große Idee.

“If I had asked people what they wanted, they would have said faster horses.” (Henry Ford)

● Kapitel 7: Train Your Brain. Irgendwann musst du aufhören, die Lösungen für deine Probleme im Außen zu suchen und ins Innen schauen. Attentional Training ist die Erfahrung, für eine bestimmte Zeit ganz bewusst voll fokussiert zu sein – auf etwas anderes als deine Arbeit. Das kann beim Sport sein. Oder an einem Rückzugsort, wo du in völliger Ruhe meditierst, dir deine Umgebung bewusst machst und so deine Gedanken sortierst. Sogar beim Abwaschen kannst du es üben, wenn du dich ganz auf diese Tätigkeit und den momentanen Augenblick fokussierst. Der Clue dabei: Oft entstehen genau durch dieses Zurücktreten von deiner Arbeit und das mentale “Stecker ziehen” die besten Ideen und Lösungsansätze. Das Glück kommt zu denen, die für alle Möglichkeiten offen sind und die nicht blind und stur nur auf ihre aktuelle Aufgabe hinarbeiten – nur so kannst du dein volles Potenzial ausschöpfen. Schaffe dir dazu einen Prozess bzw. ein Ritual, was du täglich umsetzen wirst. Stell dir genau vor, wie du handelst – es geht um den Weg und darum, das Richtige zu tun – nicht um das Ziel oder die Ergebnisse; diese erreichst du von selbst, wenn du an dir und deinen Prozessen arbeitest.

“There is often a great divide between creating exactly what you sought to create and creating what you were capable of creating.” (Jonathan Fields)

● Kapitel 8: See The Forest. Vielleicht kennst du das Gefühl, den kreativen Drang, etwas unbedingt tun zu müssen – koste es, was es wolle. Etwas, was du einfach nicht lassen kannst, deine Berufung sozusagen. Wenn es das ist, und nicht etwa nur eine Beschäftigung, um dir die Langeweile zu vertreiben, und wenn du innerlich überzeugt bist, es in die Tat umsetzen zu können und es dich selbst dann glücklich macht, wenn du damit kein Geld verdienst, dann tu es. Tu es so, wie du es dir erträumst, und nicht, wie andere es von dir erwarten – denn das raubt deiner fantastischen Idee die Seele und sie irgendwann zum langweiligen Trampelpfad. So geht es leider vielen Kreativen, sobald sie ihre Idee für Kunden anpassen und zum Business machen – nach außen erfolgreich, aber nach innen ausgebrannt.

“Do the thing you can’t not do.” (Jonathan Fields)

● Kapitel 9: Own The Story Line. Überlege, welche Wege und Möglichkeiten sich aus deiner momentanen Situation ergeben. Versuche dich, dein Umfeld und deinen Lebensweg mit anderen Augen zu sehen. Wo liegen die Chancen, die sich in der momentanen Situation bieten? Um deine Unsicherheit zu bändigen, nutze das Konzept des Reframings: Stelle dir folgende 3 Fragen, male dir die Folgen bildlich aus, und schreibe die Antworten auf: 1) Was passiert – realistisch betrachtet – im schlimmsten Fall, wenn alles schief geht, und wie kann ich mich davon wieder erholen? 2) Was passiert, wenn ich nichts tue? Werde ich es eines Tages bereuen und Jahr für Jahr frustrierter und verzweifelter sein, es nicht gemacht zu haben? 3) Was, wenn ich erfolgreich bin? Wie wird es sich anfühlen, wie wird mein Alltag aussehen, mit wem werde ich arbeiten?

“There is no neutral. No sideways. It’s a myth, an illusion. There’s only up or down. Leading or training.” (Jonatahan Fields)

● Kapitel 10: Bring It Home. Wir haben alle Angst. Angst, zu scheitern. Angst, eine Tür zu öffnen, ohne zu wissen, was dahinter ist. Wir haben Angst vor dem Monster, vor dem schlimmsten Fall, in dem alles in Scherben liegt. Vielleicht haben wir sogar Angst vor dem ganz großen Erfolg, der alles verändert. Aber wenn du vor der Unsicherheit wegläufst, dann läufst du vor dem Leben weg, vor persönlichem Wachstum, von Freundschaften und Liebe – und du läufst weg von den großen Dingen, die du erreichen kannst, die dich lebendig sein lassen, und für die du anderen Menschen in Erinnerung bleibst.

“Certainty, beyond the fact that you were born and you will one day die, does not exist.” (Jonathan Fields)


Quellen:
Fields, J. (2012), Uncertainty, Turning Fear And Doubt Into Fuel For Brilliance, Penguin.

http://www.theuncertaintybook.com/