Ein unerwartetes Ereignis...
Unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit gab es 15 Oktober 2014 einen „Flash Crash“ am Markt für US-Staatsanleihen. Die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen sank in wenigen Minuten um 34 Basispunkte, ein Rückgang von 2,2 %. Ein solches Ereignis tritt „statistisch gesprochen“ alle drei Milliarden Jahren auf. Es war eine sehr ungewöhnliche Bewegung in einem Markt, der zu dem liquidesten der Welt gehört. Der Chef von JP Morgan Jamie Dimon versuchte in einer Analyse das Phänomen zu erklären. Nach seinen Daten ist die Markt-Tiefe in den Anleihen-Märkten erheblich zurückgegangen in den letzten Jahren. Zum Vergleich: in 2007 verfügten die Marketmaker noch über ein Gesamtvolumen von 4,4 Billionen Dollar. Heute sind es gerade mal 2,7 Billionen.
„Flash Crash“ in den zehnjährigen US Bonds
Quelle: Bloomberg
Weniger Aktivität der Geschäftsbanken
Geringere Markttiefe bedeutet natürlich mehr Volatilität, und das ist es, worauf sich Anleger in der kommenden Zeit werden einstellen müssen. Die Vorräte haben abgenommen, nicht zuletzt wegen der vielen neuen Regeln, die die Regulierer den Banken seit der Finanzkrise auferlegt haben. So fordern sie deutlich höhere Eigenkapitalquoten und stellen höhere Liquiditätsanforderungen. Zudem zwingt die Volcker-Regel die Banken dazu, den Eigenhandel weitestgehend einzuschränken, wenn sie überhaupt noch existiert. Diese Regel gilt im übrigen auch für Deutsche oder Französische Banken. Anders gesagt: die zentralen Banken intervenieren massiv in den Finanzmärkten, gleichzeitig werden die wichtigen Marketmaker (die Geschäftsbanken also) an die Kandare genommen, wodurch die Liquidität austrocknet und die Spreads größer werden. Der Anleger kann sich also auf weitere „Flash Crashs“ einstellen. Der Franken-Schock vom 15 Januar ist vermutlich ebenfalls eine Folge der neuen „Regelung“.
Der Anleger zahlt die Zeche
Zwar sind die Geschäftsbanken selber nun besser vor Krisen geschützt, zumindest war dies die Lehre aus der Finanzkrise, aber das Risiko ist dafür nicht aus dem Markt. Wenn die Anleihen Kurse im Zuge der QE-Programme der EZB stark fallen und viele Anleger gleichzeitig verkaufen wollen, kommt es zwangsläufig zu einem Liquiditätsengpass. Früher standen dann eben die Banken bereit zur Not als Käufer aufzutreten, aber dies können sie heute nur bedingt. Das Risiko liegt also beim Anleger..
Mehr Risiko an den Anleihenmärkten
Nun gibt es heute kaum noch etwas, das seit der Durchführung des QE-Programms der EZB noch attraktive Renditen hat. Anleger, im übrigen auch institutionelle Anleger, die vom Gesetz wegen gezwungen sind ein Großteil ihres Kapitals in Anleihen anzulegen, werden gezwungen riskantere Papiere zu kaufen, wenn sie für ihre Kunden überhaupt eine Rendite erwirtschaften wollen. Laut einer Bloomberg-Studie weisen bereits ein Drittel aller ausstehenden europäischen Staatsanleihen eine negative Rendite auf. Am weitesten im negativen Bereich sind die Schweizer Anleihen. Da wurden vergangene Woche zum ersten mal eine zehnjährige Bundesanleihe mit negativer Rendite emittiert. Kein Wunder, dass ein Großteil der Fondsmanager einen Crash am Anleihenmarkt durchaus für realistisch hält. Für manche ist es gar nicht mehr die Frage ob, sondern nur noch wann.
Welcher Katalysator?
Die aktuelle Entwicklung geht natürlich so lange gut solange die EZB den Markt leer kauft, wobei die EZB selber es schon nicht leicht hat ihre selbstgesteckten Ziele zu erreichen und genügend Papiere findet, die sie aufkaufen kann. Irgendwann wird sich das Blatt wenden, und genau dies fürchten erfahrene Kenner der Anleihen-Märkte. Dies könnte natürlich eine Zins-Anhebung der FED sein. Erfahrungsgemäß sind auch exogene Schock-Effekte wie unerwartete politischen Ereignisse mögliche Kandidaten.