Der Januar-Effekt beschreibt das Phänomen, dass insbesondere kleine Aktien (Small Caps) im ersten Monat des Jahres überdurchschnittliche Renditen abwerfen. Schauen wir uns an, wie das in den letzten 13 Jahren am deutschen Aktienmarkt aussah. [1] Für den DAX resultierte im Durchschnitt ein minimaler Verlust, während die Ergebnisse für den SDAX deutlich besser ausfielen. Die Small Caps schnitten in 10 der 13 Jahre besser ab, im Mittel um 3,31 Prozent im Monat (annualisiert rund 40 Prozent). Oder kurz gesagt: Ein ganz klarer Januar-Effekt.
Jahr DAX SDAX
2015 9,06% 6,48%
2014 -2,57% 3,61%
2013 2,15% 9,90%
2012 9,50% 7,00%
2011 2,36% -0,49%
2010 -5,85% 3,37%
2009 -9,81% -8,32%
2008 -15,07% -12,45%
2007 2,91% 5,46%
2006 4,92% 8,64%
2005 -0,03% 7,07%
2004 2,36% 9,14%
2003 -5,01% -1,46%
Mittel -0,39% 2,92%
ann. -4,69% 35,00%
Um verlässlich sagen zu können, dass der Effekt existiert, müssen wir uns aber längere Zeiträume anschauen. Eine Langfrist-Studie der University of Kansas untersuchte, wie die Differenz zwischen dem Monat Januar und dem Rest des Jahres für den Zeitraum von 1927 bis 2004 ausfiel. Das Ergebnis: In jeder Dekade konnte ein gleichgewichtetes Portfolio von Aktien im Januar besser abschneiden. [2]
Interessant ist auch die Auswertung der US-Russell-Indizes von 1979 bis 2015. [3] Das Ratio des Small-Cap-Index Russell 2000 gegenüber dem Large-Cap-Index Russell 1000 zeigt, dass die Renditen bereits Mitte Dezember zu Gunsten der Small Caps kippen. Im Januar legte der Russell 2000 gegenüber den Schwergewichten im Durchschnitt um mehr als 1% zu.
Schön und gut, aber wie lässt sich der Effekt erklären? Der klassische Ansatz der Finanzmarkttheorie ist, dass vor allem Privatinvestoren aus steuerlichen Gründen Aktien gegen Jahresende verkaufen. [1] So werden eventuelle Verluste realisiert und steuerlich wirksam. Im Januar werden dann wieder neue Investments getätigt, was die Aktienkurse relativ zum Gesamtmarkt tendenziell steigen lässt. Da Privatinvestoren überwiegend auf kleinere Unternehmen setzen, tritt der Effekt der Theorie zufolge vor allem bei Small Caps auf. Eine alternative Erklärung ist, dass Bonuszahlungen häufig im Januar ausbezahlt und teilweise in Aktien investiert werden.
Wo ist der Haken? Leider können sich Anleger insbesondere in Bärenmärkten nicht darauf verlassen, dass die Renditen im Januar tatsächlich positiv sind, selbst wenn Small Caps besser abschneiden als Large Caps (2008 und 2009). Auch gibt es Jahre, in denen Large Caps im Januar etwas besser laufen (2011, 2012, 2015). Einen Timing-Vorteil bringt es dennoch, indem Käufe im Dezember verstärkt und Verkäufe nicht vor Ende Januar getätigt werden. Auf diese Weise kann die Anomalie langfristig ein paar extra-Prozente bringen.
Bitte nicht verwechseln! Ein Indikator mit ähnlichem Namen ist das Januar-Barometer. Dieses wurde im Jahr 1972 von Yale Hirsch im Stock Trader’s Almanac vorgestellt und besagt, dass der Januar bzw. die ersten fünf Handelstage im Januar die Richtung für das Gesamtjahr vorgeben. Langjährige Studien haben jedoch gezeigt, dass an diesem Zusammenhang nichts dran ist, da die Januar-Renditen in Regressionen durchschnittlich nur 5% der Jahresrenditen erklären. [4] Mit anderen Worten: anders als manche Börsengurus behaupten lässt sich nicht schon im Januar beurteilen, ob es ein gutes oder ein schlechtes Börsenjahr wird.
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Quellen:
[1] Eigene Berechnungen; Kursdaten von Yahoo! Finance und Google Finance, Stand: 05.02.2015
[2] Haug, M. / Hirschey, M. (2005), The January Effect, University of Kansas School of Business
[3] Hirsch, J. A. (2015), Stock Trader’s Almanac, Wiley
[4] CXO Advisory (2008), The January Barometer Retested,