Jeder Trader kennt dieses Phänomen. Sie haben gerade eine Aktie gekauft, in der Sie eine Menge Potenzial gesehen haben und dann beginnt diese Aktie wie ein Stein zu fallen. Da zwischen der Entscheidung, diese Aktie zu kaufen und dem Aufgeben der Order nicht viel Zeit vergangen ist, bleiben Sie in der Position. Sie gehen davon aus, dass dies eine vorübergehende Schwäche der Aktie ist. Sie hoffen daher, dass nach dieser Korrektur die Aktie wieder steigen wird und die Verlustposition letztendlich Gewinne erzielen wird.
Das wäre durchaus möglich. Aber wie Sie vielleicht schon erraten haben, passiert es in diesem Fall nicht. Der Kurs fällt weiter und erreicht beinahe Ihre Stop-Loss-Order. Der Trader ist unmittelbar nach Ordereingabe mit einem Verlust konfrontiert. Aber trotzdem … knapp über der Stopp-Marke erhält die Aktie ein wenig Unterstützung und verweilt auf diesem Level. Im Herzen des Traders kehrt die Hoffnung zurück, vielleicht ist das Schlimmste jetzt überstanden. Die Aktie könnte jetzt vielleicht wieder anfangen zu steigen, und mit etwas Glück kommt er mit Break-Even (mit 0) davon.
Der Händler greift ein …
Was mache ich aber, wenn die Position zufällig gerade eben so ausgestoppt wird und der Markt danach wieder dreht, denkt sich der Händler? Um dies zu verhindern, entfernt der Trader die Stop-Order aus dem Markt. Und die Geschichte geht weiter, wie Sie sicherlich schon erraten. Die Aktie stürzt weiter in die Tiefe, so schnell, dass es keine Möglichkeit gibt, eine neue (tiefere) Stop-Loss-Order im System ein zu geben. Der Trader schließt sein "Handelstag" mit einem großen Verlust.
Was ist passiert? Warum wurde der ursprüngliche Plan festgelegt? Es hat natürlich nichts mit dem Markt und dieser fallenden Aktie zu tun. Wir müssen die Antwort im menschlichen Gehirn finden. Einer der größten Fallstricke für viele Trader ist, dass sie genau die Positionen, die Verluste einfahren zu lange halten und die, die gewinnbringend sind zu früh wieder abstoßen.
Der Dispositionseffekt
Verluste führen dazu, dass Trader bereit sind, noch mehr Risiken einzugehen und bei Gewinne sind sie paradoxerweise eher risikoscheu. Dies wird in der Behavioral Finance Disposition-Effekt genannt. Letzterer führt in der Praxis zu noch größeren Verlusten. Viele Trader haben Schwierigkeiten, Verlust-Trades glattzustellen. Das ist so, weil viele Trader eine zu naive Meinung zur Mean-Reversion (Regression zur Mitte) haben. Dies bedeutet, dass sie denken, dass der Trade immer wieder bis zu dem Level zurückkehrt, auf dem sie eingestiegen sind.
Gibt es Hoffnung?
Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass die Auswirkungen des Dispositionseffekts tatsächlich durch Übung und Erfahrung reduziert werden können. Dies gilt sowohl für das rasche schließen von Verlustpositionen sowie die Fähigkeit, länger in einem profitablen Trade zu bleiben. Neutrales Feedback ist sicherlich einer der wichtigsten Faktoren im Umgang mit diesem Effekt, z.B. durch die konsequente Verfolgung in einem detaillierten Trading-Tagebuch. Aber auch eine gute Vorbereitung und Auswertung des Handelstages führt zu besseren Ergebnissen. Schließlich ist das konsultieren eines Trading-Coaches vielleicht der wirksamste Weg. Jemand, der sich schon seit Jahren in der Praxis damit beschäftigt hat und sich mit Ihnen jede Woche Ihre Trades anschauen könnte, wäre von unschätzbarem Wert. Und das Geld, das Sie in solch eine Person investieren müssten, könnte sogar eine Ihre besten Investitionen sein.