Manchem beginnenden Trader fällt die Vorstellung schwer, dass Trading einen systemischen Ansatz verlangt. Für sie scheint es darauf anzukommen, eine erfolgreiche Strategie (meist nur ein Setup) zu haben. Die meisten Neulinge verstehen zunächst nicht, dass sie ein komplettes Handelssystem brauchen, wenn sie auf den Märkten Geld verdienen wollen. Am wichtigsten aber ist, dass dieses Handelssystem zu Ihnen, Ihren Zielen, Ihrer Psychologie und Ihren Überzeugungen über den Markt passen muss, damit Sie es effektiv handeln können.
Allein die Suche nach diesem Handelssystem kann unter Umständen Jahre dauern. Dies ist aber nicht zwingend notwendig. Die Grundidee eines Handelssystems kann sehr einfach sein. Allerdings braucht es ein klar definiertes Regelwerk, anders gesagt eine Festlegung bezüglich des einzugehenden Risikos und der zu erwartenden Ziele. Wie viel bin ich bereit per Trade maximal zu riskieren (in Euros, Dollars oder Punkte ausgedrückt)? Außerdem sollten auch die Gewinnziele klar formuliert werden. Was erhoffe ich mir von dieser Trading-idee? Das fällt Anfängern besonders schwer. „Ich steige aus, sobald der Trade nicht mehr läuft“ ist zum Beispiel kein deutlich formuliertes Gewinnziel.
Last but not least braucht ihr Handelssystem klare Vorgaben bezüglich der zu verhandelnden Positionsgrößen. Dieser Punkt wird bekanntlich am meisten vernachlässigt. Selbstverständlich kann die Performance eines Systems durch bessere Einstiege oder Ausstiege gesteigert werden. Aber wussten Sie, dass es Trader gibt, die deshalb zu den Gewinnern gehören, weil sie über einen klugen Positionierungs-Algorithmus verfügen? Zum Beispiel gibt es Trader, die viel „aggressiver“ handeln (also deutlich mehr Kontrakte kaufen) wenn sie sich gerade in einer Gewinnphase befinden. Dagegen verhalten sie sich viel defensiver am Markt (traden mit viel kleineren Positionen) sobald sie zu verlieren beginnen. Auf dieser Weise halten sie ihre Drawdowns im Griff und erreichen, nachdem die Verluststrecke vorbei ist, bald wieder die einst erreichte Kontogröße. Glauben Sie nicht, dass dieser Faktor genauso eine wichtige Rolle spielen kann in einem ausbalancierten Handelssystem? Fehlt einer dieser Faktoren verfügen Sie genau genommen über gar kein Handelssystem.
Wenn ein Trader konsequent auf diese Parameter zu achten beginnt, dann unterwirft er jedem potenziellen Trade natürlich ganz anderen Kriterien als ein Trader, der dies nicht tut. Gewiss, Geld verdient man an der Börse, indem man seine Verluste minimiert und Gewinne maximiert. Aber wie erreicht man diesen erwünschten Zustand am Effektivsten? Sicher nicht durch stundenlanges Analysieren von Charts, wie wichtig diese Vorarbeit sein mag. Vielmehr erreichen erfolgreiche Trader deswegen ihre Ziele, weil sie vor jedem Engagement an das Verhältnis zwischen Chance und Risiko denken. Stimmt dieses nicht (entspricht nicht ihren vorab festgelegten Kriterien), dann sollte der Trader von dem Trade absehen. Ist eine Trading-Idee zu „teuer“ im Verhältnis zum möglichen Ertrag, sollte sie verworfen werden. Mit „zu teuer“ ist natürlich gemeint, dass das Anfangsrisiko zu groß ist, und wenn der Trade noch so erfolgsversprechend aussieht. Richten Sie ihren Handel aber konsequent nach der Vorabbetrachtung von Chance und Risiko, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie eines Tages zu den erfolgreichen Tradern gehören werden höher als wenn Sie es nicht tun.